Brigham Baker

Da stapeln sie sich, die Reifen, die längst ausgedient haben. Über welche Strassen sind sie wohl gerollt, um nun ausgerechnet hier zu landen? Denn hier, in diesem gepflegten Garten mit so viel natürlichem Dekor, sind sie offensichtlich fehl am Platz. Obwohl die Installation Environs von Brigham Baker zunächst an eine dystopische Assemblage denken lässt, in der die Reifen für alle Zeiten ausgedient haben, birgt die Installation auch utopisches Potenzial. Vielleicht kann sich an diesem Ort, der nun sanft ausgeleuchtet wird, ein kleines Ökosystem entfalten.

Dass ausgerechnet eine durch unsere industrielle Welt geschaffene Nische zu einem florierenden Ökosystem werden kann, zeigte eine US-amerikanische Studie, die Anfang der 1990er-Jahre in den städtischen Gebieten Floridas durchgeführt wurde. Diese ergab, dass mehr als die Hälfte der Moskitos in ausrangierten Reifen aus ihren Larven schlüpfen. Dieser Anteil steigt proportional zur zunehmenden Verstädterung. Wagen wir also ein Gedankenexperiment: Wenn die Reifen über längere Zeit in diesem Garten bleiben, könnten sie vielleicht einen ökologischen Zweck wie jenen des nahestehenden Weihers übernehmen. Solch künstlich angelegte Teiche waren charakteristisch für die Landschaftsgärten des 18. Jahrhunderts. Ihre ästhetische Wirkung sollte eine harmonische Beziehung zwischen Mensch und Natur schaffen. Erst nach und nach erkannte man ihre ökologische Funktion.

Trotz ihrer industriellen Form und Materialität, wohnt den Reifen die Möglichkeit inne, einen wertvollen Lebensraum entstehen zu lassen. Umso mehr scheint es in Anbetracht dessen sinnvoll, die Trennung zwischen menschen- gemachten und vermeintlich natürlichen Umgebungen infrage zu stellen.

Environs, 2023; Reifen, LED