Wessen wird hier mit Votivgaben gedacht? Der Natur, die einmal war und heute mehr und mehr verdrängt wird? Wo bleibt die wundersame Rettung aus der Not, die eine Votivgabe gemeinhin feiert? Im Pavillon im Garten – von der Familie von Meiss liebevoll Datscha genannt – verbinden sich zwei historische Vorbilder: der malerische englische Landschaftsgarten und das private Wochenendhaus aus der baltisch-slawischen Kultur. Sowohl Erholung als auch Zuflucht in der romantisierten Natur versprachen einst beide. Die Sehnsucht nach Ursprünglichkeit bleibt hier allerdings nicht ein nostalgisches Schwelgen in vergangenen Zeiten, im Gegenteil: Sie weist auf eine neue, lebenswerte Zukunft hin. Die Blumen sind durch und durch artifiziell, verblühen nicht und können Erinnerung, Mahnmal und Neuanfang zugleich sein.
Die Installation Freestanding Votive Flowers (I–VII) von Dorota Gawęda & Eglė Kulbokaitė wird durch ein Video ergänzt und bezieht weitere Aspekte ihres künstlerischen Schaffens ein. In Mouthless Part II (Retrograde Sequence), das während eines Screenings im August zu sehen ist, kommt die Ästhetik der Landschaftsmalerei ins Spiel – diesmal als morphende GAN-Animation, als algorithmisches Verfahren, das hinter Deep Fakes steht –, wobei Landschaften langsam ineinanderfliessen und sich ständig verändern. Bilder von Vergänglichkeit und transformativer Kraft stehen menschlich angefertigten und eindimensionalen Kategorien von «Natur» und «Kultur» gegenüber.