Nicolas Buzzi und Harmony

Was für ein Geräusch dringt hier in unser Ohr? Für die Ausstellung im Weiertal haben Nicolas Buzzi und Harmony ein Instrument konstruiert, das durch Wind aktiviert wird. Auf einem Dreibein-Stativ wurde eine transparente Fahne platziert, die – sobald sie in Bewegung versetzt wird – die darunter hängende, zylinderförmige Glocke zum Klingen bringt. Die Installation Wind of Change setzt formal auf ästhetisierte Funktionalität. Das Stativ wurde aus genormten Bauelementen hergestellt, die normalerweise für Bühnen verwendet werden. Indem die Elemente nun zweckentfremdet wurden, gleichen sie einem Spektakel, das durch die wehende Fahne und durch das Läuten der Glocke verstärkt wird.

Neben den formalen Aspekten sticht auch das unübliche Material der Fahne ins Auge. Die Polyester-Folie wird in der Raum-, Luft- und Seefahrt eingesetzt und hält extremen Witterungen stand. Die Künstler*innen verzichten mit der Verwendung dieses Materials bewusst auf eine klar repräsentative Symbolik. Ohne Sujet oder Farbe wird sie zur Projektionsfläche verschiedener Bedeutungen und eröffnet Raum für utopische Vorstellungen und spekulative Gedanken. Die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen, die eine Utopie überhaupt erst möglich machen, ereignen sich prozesshaft, indem Werte und Normen fortwährend infrage gestellt werden und zukunftsfähige Ideen entstehen können. Das Wehen dieser Fahne ist denn auch nicht weich und leise, sondern durch das solide Material laut, ja fast schon beunruhigend. Schliesslich kann auch Veränderung beunruhigend sein, Unsicherheiten auslösen und neue Fragen in den Raum stellen. So ist auch der «Common Ground», also die Grundlage für diese Aus- und Verhandlung, immer angreifbar, immer unsicher. Darauf wies die US-amerikanische Theoretikerin Donna Haraway in ihrem Buch Unruhig bleiben hin. Sie schlägt vor, unruhig zu bleiben, aus alten Erzählungen, überlieferten Denk- und Verhaltensmustern auszusteigen. Eben Mut zur Beunruhigung zu haben (siehe dazu: Donna Haraway, Unruhig bleiben, Frankfurt am Main: Campus Verlag, 2018).

Wind of Change, 2023; Aluminium, Mylar, Nylon, Stahl