Thomas Julier

Die Beobachtung von Tieren in ihrem Habitat geschieht aus unterschiedlichen Motiven: als freizeitliches Vergnügen für Bildung und Erholung oder im Rahmen wissenschaftlicher Forschung. Diese Interessen stehen oft im Widerspruch zueinander, prägen den menschlichen Blick und nehmen dadurch Einfluss auf die Koexistenz von Mensch und Tier.

Dieser Überlegung nachgehend hat Thomas Julier in einem naheliegenden vom Biber geprägten Biotop Wildtierkameras installiert. Der einst ausgerottete Nager schafft seit seiner Wiederansiedlung in der Schweiz artenreiche Lebensräume. Einen dieser Lebensräume beobachtet der Künstler mit Kameras. Sie registrieren Bewegungen, zeichnen sie auf und speichern die Aufzeichnungen in der Cloud. Die Bilder sind über einen entsprechenden QR-Code einsehbar, den Thomas Julier im Garten auf einem Emaille-Schild platzierte. Das Schild erinnert an herkömmliche Wegweiser, Orts- und Strassenschilder und funktioniert als Eingang in die virtuelle Welt. Einmal gescannt, gelangen die Besucher*innen zu einem Login, das ihnen Zugang zu einer Datenbank verschafft. Dort sehen sie sowohl Schnappschüsse der Wildtiere als auch die Aktivitäten der menschlichen Besucher*innen und können mit dem Bildmaterial interagieren.

In Vault on a Cloud verknüpft Thomas Julier einen «wirklichen» Raum – den Garten im Weiertal – mit einem virtuellen – der Datensammlung und ihrem Interface – und schafft so einen hybriden Raum, dessen Dimensionen von der gleichzeitigen Präsenz von Mensch und Tier markiert werden. Die Datensammlung wächst im Verlauf der Ausstellung zu einem Volumen an, dessen plastische Qualitäten er als Skulptur versteht. So lädt uns Thomas Julier dazu ein, vertraute Vorstellungen zu revidieren und über zeitgemässe Massstäbe bei der Definition jener Lebensräume nachzudenken, die wir zusammen mit anderen Spezies gestalten.

Vault on a Cloud, 2023; Daten, Emaille-Schild, Interface, Solarpanel, Wildtierkamera mit SIM-Karte